Unterkommen in Österreich
Vertreibungen
„Nein, zusammenhängende Geschichten erzählt niemand mehr“
Ilse Tielsch: Die Ahnen-Pyramide
Die meisten, die nicht von Partisanen in wilden Vertreibungen über die österreichische Grenze getrieben wurden, kamen in Güterzügen zunächst in Bayern an. In Furth im Wald war ein sehr großes Auffanglager entstanden, durch das bis Ende 1946 fast zwei Millonen Vertriebene aus der ?SR in der amerikanischen Besatzungszone verteilt wurden. Mehr als eine weitere halbe Million nahm die sowjetische Besatzungszone auf. Die allermeisten von ihnen kamen im kriegszerstörten Deutschland und auch in Österreich zunächst in Lagern unter, zum Teil lebten sie dort jahrelang, bis sie schließlich Arbeit und eine persönlichere Unterkunft fanden. 1949 lebten allein in Bayern noch 95.993 Personen in 514 Lagern.
Die Charta der Heimatvertriebenen
Am 5. August 1950 unterzeichneten die Sprecher der Vertriebenenverbände bzw. der ostdeutschen Landsmannschaften die Charta der deutschen Heimatvertriebenen in Stuttgart-Bad Cannstatt. Am nächsten Tag wurde sie in einer Massenkundgebung in Stuttgart vor den Ruinen des Neuen Schlosses verkündet. Sie nennt Pflichten und Rechte der Flüchtlinge und Vertriebenen. Im Vordergrund stehen der Verzicht auf Rache und Vergeltung, das Schaffen eines geeinten Europas und die Beteiligung am Wiederaufbau Deutschlands und Europas. Gefordert wird ein allgemeines Grundrecht auf Heimat. Dieses Grundlagenpapier hatte sowohl innenpolitische als auch außenpolitische Wirkung. Nach innen gebot sie den revanchistischen Strömungen Einhalt und nach außen sendete sie versöhnende Signale und richtete den Blick in die Zukunft.
Zwischen Rückkehrsehnsucht und Neuanfang
Woran konnten sich die damals Vertriebenen halten? Sie waren entrechtet und enteignet worden und durch die Misshandlungen der Vertreibung auch psychisch schwer verletzt. „Vereintes Europa“ war da ein visionäres Stichwort, das Hoffnung gab, dass wenigstens die westlichen Staaten zuverlässigen Frieden schließen würden. In der Politik der jungen Bundesrepublik wurde ein „Friedensvertrag“ diskutiert. Doch konnte ein solcher ohne Ausgleich, ohne Schuldbekenntnisse unterzeichnet werden? Mussten nicht wenigstens die Beneš-Dekrete, welche die Vertreibung legitimieren sollten und noch immer gelten, aufgehoben werden?
Der Lastenausgleich brachte ab 1952 erste Kapitalhilfen für einen Neustart, der Wirtschaftsaufschwung der 1950er Jahre brachte Arbeitsplätze und Auskommen für die allermeisten. Nun galt es, sich baldmöglichst als Schicksalsgemeinschaft zu vernetzen: Zu einem ersten Treffen der Znaimer kamen am 8. September 1947 fast 10.000 Personen. 1949 trafen sich die Südmährer erstmals in Geislingen. In diesem Jahr erschienen auch die ersten Hefte der Zeitschrift „Der Südmährer“ und das „Südmährische Jahrbuch“, die seitdem regelmäßig aus Geislingen/Steige verschickt werden. Geislingen hat 1953 die Patenschaft für die Südmährer und Südböhmen übernommen, seitdem fühlen sich die Besucherinnen und Besucher der jährlichen Treffen hier wohl und in neuer Gemeinschaft angekommen.
Unterkommen Treffpunkt Südmähren
Mehr ist nicht geblieben! Besuche in der alten Heimat, das Vorfinden von neuen Bewohnern im einst eigenen Heim - die Hausnummernschilder hatten jetzt ausgedient, die Straßen wurden umbenannt genauso wie die Orte.